Über menschliche Werte im Geist der Ehrfurcht vor dem Leben – 2. Teil

A012Anteilnahme

Sprichwörter sagen: „Geteiltes Leid ist halbes Leid, aber geteilte Freude ist doppelte Freude.” Am Schmerz und an der Freude von Mitmenschen teilzuhaben, ist ein wichtiger Ausdruck von Menschlichkeit. Denn Anteilnahme hilft, seelische und körperliche Leiden zu ertragen und zu überstehen; aber auch erfahrenes Glück hilft es, tiefer zu empfinden. Doch Anteilnahme muss von erzen kommen und darf keine Floskel nach dem Muster: „Schönen Tag noch!” sein. Anteilnahme bedeutet, dass man Leid und Freude des Mitmenschen mitempfindet und ebenso betroffen ist wie er selbst. Anteilnahme zu zeigen erfordert aber auch ein Gespür, wie weit sie gehen darf. Oft fehlen die richtigen Worte, dann genügt ein Händedruck, eine Umarmung oder auch nur ein Blick. Hilfe kann oft auch durch Taten zum Ausdruck kommen und Trost spenden. Die Anteilnahme muss natürlich ehrlich gemeint sein, sonst sollte man auf Zuspruch lieber verzichten.

Nun gibt es auch Berufe, in denen man ständig mit hilfs­bedürftigen, unglücklichen, leidenden Menschen zu tun hat. So kann kein Arzt, keine Krankenschwester, kein Pfleger oder Geistlicher mit seinen Patienten, Anvertrauten in vollem Umfang mitleiden. Sie brauchen neben der Nähe auch die Distanz.

Anteilnahme ist ebenso eine gesellschaftliche wie politische Notwendigkeit. „Natürlich kann ein Politiker nicht jedes Schicksal eines Arbeitslosen zu seiner Sache machen”, schreibt Jutta Schreur (in Möllering und Behlau). „Aber er – oder sie – muss ein Gespür dafür behalten, dass hinter jeder Statistik solche Einzelschicksale stehen …” Ein Vorbild aus der Politik auch in dieser Hinsicht war für mich die Sozialministerin des Landes Brandenburg, Regine Hildebrandt, die ihre Anteilnahme stets mutig und deutlich zum Ausdruck gebracht hat. Sie hat dafür nicht immer nur Beifall geerntet. Für mich ist sie ein Beispiel dafür, dass man ethische Werte auch in der Politik verwirklichen kann – wenn man Charakter hat.

Wenn wir von Anteilnahme sprechen, muss bewusst bleiben, dass es um Menschen geht, nicht um eine „höheres Ideal oder Ziel”. Es geht um die Ehrfurcht vor dem Leben und dem Schicksal eines Menschen neben mir. „Wahrhaft ethisch ist der Mensch nur”, schreibt Albert Schweitzer, „wenn er der Nötigung gehorcht, allem Leben, dem er beistehen kann, zu helfen, und sich scheut, irgendetwas Lebendigem Schaden zuzufügen.”

13 thoughts on “Über menschliche Werte im Geist der Ehrfurcht vor dem Leben – 2. Teil

  1. Lieber Peter ,Worte ,die aufruetteln. Danke fuer diesen wundervollen Beitrag,der so viel Wahrheit wiedergibt .Menschlichkeit ,dieses Wort darf nicht in Vergessenheit raten.
    Ich war heuer mit meiner Kleinen ein Monat auf Reisen,daher war ich fuer laengere Zeit nicht auf WordPress vertreten .Wir waren 3 Wochen bei meiner Mutter in Graz,und 1 Woche in Venedig,Grado,Wien ,Innsbruck und Mailand. Fuer Anna war es ein Riesenerlebnis fuer mich natuerlich auch. Nun hat uns der Alltag wieder fest im Griff,die Schule hat begonnen . Ich wuensche Dir einen goldenen Herbst.Die liebsten Gruesse und alles Gute

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    • Liebe Jeanette, vielen Dank für deinen lieben Kommentar! Ich bin so froh, dass du mir geschrieben hast. Denn ich war erstaunt, dass ich dir letztlich keinen Like geben konnte, auch heute Morgen nicht. Hast du da vielleicht etwas bei deinem Blog verstellt? Ich wünsche dir noch ein schönes Wochenende.

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  2. “Albert Schweitzer, „wenn er der Nötigung gehorcht, allem Leben, dem er beistehen kann, zu helfen, und sich scheut, irgendetwas Lebendigem Schaden zuzufügen.”
    Dann gilt das natürlich auch für das Tier und die Tierhaltung im speziellen. Da gibt ves großen Handlungsbedarf.

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