
Christian (links) und Norbert Werner bewahren die Tagebücher ihres Großvaters Friedrich Werner, die er während des Ersten Weltkrieges geschrieben hat.
Er war ein großer Mann, respekteinflößend, aber dennoch liebevoll und sehr geschichtsinteressiert. So beschreibt Christian Werner seinen Großvater Friedrich Werner. Der 62-jährige gebürtige Gothaer und sein Bruder Norbert Werner halten die Erinnerungen an ihren Großvater wach, der akribisch Aufzeichnungen zur Familiengeschichte, der Geschichte der Stadt Gotha und der Region, aber auch über seine Teilnahme am Ersten Weltkrieg angefertigt hat. Die Aufzeichnungen über seine Kriegserlebnisse, die er mit zahlreichen Postkarten, Fotos und eigenen Zeichnungen illustriert hat, haben einen Umfang von 480 Seiten. Dazu kommt noch ein umfangreiches Kartenmaterial von den Kriegsschauplätzen.
Im vergangenen Jahr hatte Oberbürgermeister Knut Kreuch (SPD) die Gothaer Bürger zum Geschichtsprojekt “1914 bis 1918 – Gotha vor 100 Jahren” aufgerufen. Ziel sei es dabei, dass Lebensstationen von Bürgern, die Geschichte von Vereinen sowie Unternehmen untersucht werden. Dabei seien Kreuch private Geschichten genauso wichtig, wie Dokumentationen und Bildsammlungen.
Die umfangreichen Notizen des 1967 in Gotha gestorbenen Friedrich Werner bieten ein besonderes Zeugnis des militärischen Lebens im Ersten Weltkrieg. “Die akribische Anfertigung des Buches und der Kartensammlung geben nicht nur einen sehr genauen Überblick zu den individuellen Erlebnissen eines Gothaers inmitten der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts, sondern widerspiegeln darüber hinaus das Leben und die Leiden dieser schweren Zeit”, so Kreuch.
In akkurater Schrift hatte Friedrich Werner, der 1893 in Gotha geboren wurde, sein Tagebuch geführt. Im Oktober 1914 wurde er für die Infanterie einberufen, am 23.November rückte er beim 6. Thüringer Infanterie Regiment Nr. 95 in Gotha ein. Am 23. Januar 1915 wurde Werner dann zum Reserve-Infanterie Regiment 252 nach Ohrdruf versetzt. Im Tagebuch findet sich sein Bericht über den Besuch des Kaisers am 29. Januar 1915, der die Besichtigung des Regiments durchführte. Am 3. Februar wurde der Marschbefehl in Richtung russische Grenze erteilt. Bei Gefechten in den Masuren erlitt Friedrich Werner Erfrierungen der Füße. In Gotha wieder angekommen, fand er sich zu seiner großen Überraschung in der “Gothaischen Zeitung” vom 19. April 1915 als Vermissten aufgelistet. In Naumburg erlernte er den Umgang mit Pferden, das Reiten und deren Handhabung unter militärischen Bedingungen und schrieb: “Alles war für mich neu, was verstand ich von Pferden!”. Nach der Fortsetzung der Ausbildung in Jüterbog ist er ab 9. September 1915 wiederauf dem Weg in den Krieg. Dieser führt ihn nach Deysow in Galizien und Stellungskämpfe an der Strypa. Ende August wird Werner während der Kämpfe verletzt. 1917 war er in den Kämpfen um Verdun eingesetzt Nach der Teilnahme an den Kämpfen um die “Höhe 304”, der “Abwehrschlacht bei Verdun”, Gefechten in Lothringen und Stellungskämpfen im Elsass wird Friedrich Werner am 29. Dezember 1917 zum Unteroffizier befördert.
Sein Weg durch den Krieg wird fortgesetzt durch die Teilnahme an der “Schlacht bei Armentiers” (April 1918), den “Kämpfen an der Lys (April bis Mai 1918), den Stellungskämpfe in Flandern (Mai bis Juli 1918) und den “Kämpfen vor Arras”.
Friedrich Werner heiratete 1918 Clara Sieland. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor. Auch über die Familiengeschichte der Sielands, die in Gotha ein Betten- und Stoffgeschäft betrieben, hat der Großvater der Gebrüder Werner Buch geführt. Der 65-jährige Norbert Werner, der in Grimma wohnt, bewahrt die Schätze gemeinsam mit seinem Bruder auf.