Lebensfreude
„Es liegt viel Lebensfreude in Jesu Wesen”, schreibt Albert Schweitzer in seinen Gesprächen über das Neue Testament. „Er war kein einsamer Mensch, sondern hatte Freunde; wenn man ihn zum Mahle einlud, kam er, und wenn er jemand sah, der ihm gefiel, bei dem lud er sich selbst ein, wie es dem Zachäus widerfuhr (Luk. 19)”.
Doch das Leben bringt nun einmal nicht nur Freude. „Das eigene Schicksal kann so unerträglich sein”, schreibt Ako Haarbeck (in Möllering und Behlau), „dass keine Kraft zur Freude mehr bleibt. Und oft ist es gerade der Glaube, der an den Rand der Verzweiflung bringt… Warum müssen so viele Menschen im Elend leben und schließlich ungetröstet sterben? Warum sind so viele, denen es rundherum gut geht, so gleichgültig gegenüber der Not der Anderen? Warum bin ich selbst oft nur mit dem eigenen Glück und den eigenen Sorgen beschäftigt?” Doch Ako Haarbeck erinnert auch an den Bibelspruch:„Fröhlichkeit ist gut für die Gesundheit, Mutlosigkeit raubt einem die letzte Kraft.” (Sp. 17, 22) Man sollte sich auch, ohne das Sorgenvolle in der Welt und im eigenen Leben zu übersehen, Freude gönnen und ebenso nicht vergessen, anderen Menschen, ja anderem Leben Freude bringen. Auch das schließt die Ehrfurcht vor dem Leben ein! Die Lebensfreude besteht auch darin, dass ich Anderen helfe, Zuwendung zukommen lasse, vergebe.
Doch ist es angebracht, zu bedenken, dass nicht alles, was Spaß macht, auch Freude bedeutet. Eine Gleichsetzung von Spaß und Freude ist kennzeichnend für unsere Gesellschaft, deren Unterhaltung oft nur an der Oberfläche bleibt. Man lacht, jubelt und schreit, macht sich über andere lustig, ohne sich einen Spiegel vorzuhalten, man genießt Alkohol, Drogen, Sex, Faulenzen und bleibt doch innerlich leer. „Sonderbar blind sind die Menschen im Ritus der flüchtigen Freude”, schreibt Pablo Neruda.
Lebensfreude können ein guter Gedanke und eine gute Tat bereiten, ein Blick in die Natur oder in das unendliche All, gute Musik oder ein gutes Buch, Lebensfreude bereiten vor allem auch Dankbarkeit, Vertrauen und die Liebe. Lebensfreude spenden ebenso die glücklichen Augen eines Kindes und die Anhänglichkeit eines Tieres. „Solange ich lebe, freue ich mich nicht nur über etwas, sondern mehr noch vielleicht auf etwas”, bekennt Ako Haarbeck. „Kann ich fröhlich sein, wenn ich mich auf nichts mehr freuen kann?”
„Es ist ein ungeheures Glück, wenn man fähig ist, sich zu freuen”, meint George Bernhard Shaw.