Geschichten aus dem Hospital
Bei seiner Arbeit als Arzt hat Albert Schweitzer so manches erlebt, worüber er später sicher lächelte und wir auch lächeln können, aber nicht spotten dürfen. Denn die Bewohner des Urwaldes wussten eben manches nicht, was für uns selbstverständlich ist. So entstanden ein paar ganz lustige Geschichten. Einmal verhalf der Doktor einem lieben alten Mann zu einem künstlichen Gebiss. Der Mann hatte nämlich keine eigenen Zähne mehr. Das Gebiss saß gut und der alte Mann konnte damit auch wieder gut essen. Doch bald beschwerte er sich beim Doktor und wollte sein Geld zurückhaben. Der Doktor fragte: „Warum beklagen sie sich denn, das Gebiss ist doch in Ordnung?“ „Ja, aber die neuen Zähne sitzen nicht so fest wie die alten“, meinte der alte Mann und war böse. Da erklärte ihm der Arzt den Unterschied zwischen natürlichen und künstlichen Zähnen. Nachdem der Mann das verstanden hatte, wurde er wieder freundlich und verlangte das Geld nicht mehr zurück.
Ein anderes Mal trug es sich zu. dass sich ein weißer Europäer als Patient im Hospital aufhielt. Die Europäer brachten immer einen Gehilfen mit. der sie betreute und ihr Zimmer sauber hielt. Als der Patient wieder gesund und entlassen worden war, stellte der Doktor fest, dass ein Fieberthermometer fehlte. War es kaputt gegangen oder hatte man es verloren? Niemand wusste es. Später traf der Doktor diesen Europäer zufällig in der Stadt. Der öffnete seine Tasche und holte das vermisste Fieberthermometer heraus. Da wunderte sich Albert Schweitzer sehr und fragte, wie er denn zu diesem Thermometer käme. So erzählte ihm der Europäer die Geschichte. Als er nämlich aus dem Hospital entlassen und wieder zuhause war, ermahnte ihn sein afrikanischer Gehilfe: „Herr vergiss nicht, das Medikament unter den Arm zu nehmen, damit du gesund bleibst!“ „Was meinst du denn?“, fragte der Europäer. „Das Medikament aus Glas, das so glänzt!“, antwortete der Gehilfe. „Ach so“, rief der Europäer, „ich verstehe. Du meinst das Thermometer! Aber wir haben doch keines hier!“ „Doch“, lächelte der Gehilfe, „wir haben eines!“ Er griff in seine Hosentasche und holte eine kleine Schachtel heraus, in der das Thermometer aus dem Albert-Schweitzer-Spital lag. Der Europäer erklärte seinem Gehilfen, dass ein Thermometer kein Medikament sei. Es sei ein einfaches Gerät, mit dem man die Körpertemperatur misst. So erkennt man schnell, ob man Fieber hat. Das verstand der Gehilfe auch und gab das Thermometer wieder zurück. Die Afrikaner, die im Urwald lebten, hatten es sehr schwer, wenn sie krank wurden und ins Hospital mussten. Es gab ja damals keine Straßen und Krankenautos. So mussten sie oft von ihren Familienangehörigen über weite Strecken getragen oder mit Booten zum Hospital gebracht werden. Oft waren sie nach dem anstrengenden Weg über mehrere Tage ganz schwach und ausgehungert. Deshalb mussten sie zunächst wieder durch gutes Essen und viel Ruhe etwas zu Kräften kommen, bevor sie operiert werden konnten. Dadurch verlängerte sich natürlich auch der Krankenhausaufenthalt. Als sie nach der Operation ausgeheilt waren, mussten sie natürlich auch wieder in ihre Siedlungen zurückkehren. Erneut hatten sie einen schweren Weg vor sich. Damit sie nicht Hunger leiden mussten und auch etwas zum Bezahlen hatten, wenn sie jemanden um Mitnahme in einem Boot bitten mussten, bekamen sie im Hospital Bananen und Maniok zum Essen und eine Tüte Salz zum Bezahlen mit auf den Weg. Geld hatte man ja nicht für sie, aber mit Salz konnte man in Afrika auch bezahlen. Das ist in vielen Gegenden noch heute so.
Wir merken uns:
Wenn andere Menschen etwas nicht so wissen und kennen wie wir, darf man sie nicht auslachen, sondern muss ihnen alles erklären. Auch wir wissen längst nicht alles.
Excellent.
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Was wissen wir schon?! Hochmut ob besseren Wissens ist kein guter Charakterzug.
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This is a lesson I learned and relearn all the time from traveling to other places. Cultural differences are just that—no culture is better or worse.
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